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Mein Kind in den Sternen?

Autorenbild: Valeria BisacciaValeria Bisaccia

Der Oktober ist der ,,pregnancy and infant loss awareness month". Ein Monat, der auf die vielen Babys aufmerksam machen möchte, die viel zu früh verstorben sind. In diesem Zusammenhang hört man oft von dem Begriff Sternenkind.

Als Sternenkind bezeichnet man ein früh verstorbenes Kind. Meistens werden Kinder so genannt, die während der Schwangerschaft, bei der Geburt oder kurz danach gestorben sind.


Der Begriff Sternenkind ist liebevoll gemeint. Und doch nicht immer passend. Mit diesem Beitrag, will ich darauf aufmerksam machen, wie unterschiedlich wir Eltern von verstorbenen Kinder sind. Wie unterschiedlich unsere Bedürfnisse und unser Erleben sind. Und was Sprache macht.


Als junge Neu-Mama habe auch ich die ersten Monate mein verstorbenes Kind als Sternenkind oder Sternenbaby bezeichnet. Einfach weil Andere es auch taten. Und gleichzeitig schmerzte mich dieser Begriff so sehr und fühlte sich noch falscher an, als sich mein Leben zu diesem Zeitpunkt sowieso schon anfühlte. Wieso? Das will ich hier erklären.


Erstens hatte ich durch diesen Begriff noch mehr als eh schon das Gefühl, dass ich keine ,,echte" Mama bin. Ich habe kein Kind. Sondern ein Sternenkind. Manchmal hörte ich sogar, den Begriff Sternchen im Zusammenhang mit meinem Sohn. Mein Gedanke dazu war:

,,Was hat mein Sohn mit einem Stern gemeinsam? Ich habe ihn unter stundenlangen Wehen und mit gewaltiger Kraft geboren, er hatte zwei Beine, zwei Arme, das süßeste Kinn, zwei kleine Brustwarzen, rote Lippen, wunderbare zehn Fingerchen - Warum ist er denn jetzt ein Sternenkind und nicht einfach ein verstorbenes Kind?"

Zweitens habe ich mir durch diesen Begriff vorgestellt, mein Sohn sei jetzt bei den Sternen. Das schmerzte unheimlich, denn die Sterne sind viel zu weit weg. Nein, das darf nicht sein. Wenn er schon nicht in meinen Armen liegt, soll er zumindest hier bei mir in meinem Herzen sein und um mich herum. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dass seine Seele nun Billionen von Kilometern entfernt sein soll. Stattdessen fühlte ich E. nah bei mir.


Drittens kam und kommt mir (und ich weiß, dass ist sehr unterschiedlich!) vor, dass der Begriff Sternenkind beschönigt und verharmlost, was passiert ist.

Ein paar Monate nach dem Tod meines Kindes, sagte ein Familienmitglied zu mir:

,,Sternenkind ist so ein passender, schöner Begriff. Ich kann gar nicht aussprechen, dass E. gestorben ist".

Und das hat mich wütend gemacht. Denn E. ist gestorben und genauso brutal wie das klingt, hat es sich auch angefühlt und zwar jede Sekunde.


Sternenkind war also für mich kein passender Begriff. Ich habe ein paar Monate gebraucht, bis ich gut in meine Mutterschaft hineingefunden habe (E., mein verstorbener Sohn, ist mein erstes Kind) und dann habe ich die Klarheit und den Mut gefunden künftig zu sagen:

,,Ich habe ein Kind, einen Sohn. Er ist gestorben."

Ein halbes Jahr später hatte ich eine frühe Fehlgeburt, dieser Verlust fühlte sich für mich persönlich nicht nach dem Verlust eines Babys an, sondern dem Verlust einer sehr kurzen Schwangerschaft und vor allem dem Verlust von Zuversicht (auch dieses Erleben ist ganz individuell von Person zu Person). Ein paar Monate später hatte ich eine Fehlgeburt in der elften Schwangerschaftswoche. Hier verlor ich ein kleines, sichtbares Baby und ich verlor auch meine viel zu kurze Schwangerschaft und mein Vertrauen in das Leben (vorerst). Diese kleine Baby ist für mich vielleicht mein Sternenbaby, ich bin mir bis heute nicht sicher.


Mein ,,Großer" ist jedenfalls kein Sternenkind, er ist einfach mein Kind.

Am Besten man hört genau hin und passt sich der Sprache der Eltern an, für manche ist Sternenkind ein schöner und stimmiger Begriff, für manche vielleicht Himmelskind und für manche ist es einfach ihr Kind.


Teile gerne in den Kommentaren, welchen Begriff du verwendest, wenn du über dein verstorbenes Baby sprichst. Und hier für dich: Eine Umarmung!


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